Rede von Joachim Stamp beim Bundesparteitag der FDP

Rede von Dr. Joachim Stamp, Landesvorsitzender der FDP NRW, beim Bundesparteitag der Freien Demokraten in Berlin:

„Es ist eine historische Zeit. Und wir haben eine historische Herausforderung. Christian Lindner hat es gesagt: Auch ich bin sehr dankbar dafür, wie ernsthaft die Freien Demokraten über diese Herausforderung sprechen. Und es ist auch für mich als Flüchtlingsminister in Nordrhein-Westfalen meine vornehmste Ausgabe, dass wir insbesondere den vielen Frauen und Kindern, die vor dem Terror flüchten, sichere Unterkunft geben. Wir haben in NRW – gesteuert vom Krisenstab meines Ministeriums – durch das unglaubliche Engagement der Kommunen und der vielen Ehrenamtlichen, denen ich unglaublich dankbar bin für ihre tatkräftige Arbeit, wir haben innerhalb von acht Wochen 120.000 Menschen in NRW aufgenommen – deutlich über Königsteiner Schlüssel. Und das ist eine Gesamtleistung, auf die wir gemeinsam mit den Ehrenamtlichen und unseren Kommunen stolz sein können.

Und ich will das ganz deutlich sagen: Gerade, weil die Zeiten so ernst sind, weil wir die Herausforderungen haben: Den Krieg, die Pandemie, aber auch die Bewältigung der Flutkatastrophen in Rheinland-Pfalz und bei uns in NRW, gerade weil es so ernst ist, will ich ganz deutlich sagen: Es ist beschämend, dass sich unsere politischen Mitbewerber unter dem Stichwort „Mallorca Gate“ eine parteipolitische Schlammschlacht leisten. Wir werden uns daran nicht beteiligen. Die Opfer der Flut, die ihr zu Hause, teilweise auch Verwandte und Freunde verloren haben, die haben etwas Anderes verdient: dass es nämlich um die Aufarbeitung der Flutkatastrophe geht. Das sind wir als Politik den Bürgerinnen und Bürgern schuldig und dafür stehen wir als Freie Demokraten auch ein.

Uns geht es auch darum, dass wir über die Sachthemen streiten. Denn wir sind noch nicht fertig. Von hier aus weiter ist unser Motto. Als wir das Land übernommen haben, 2017, da haben unsere Freunde von der Heute-Show ein Schild „Nordrhein-Katastrophalen“ aufgestellt. Wir waren die letzten bei den Arbeitsplätzen, hinten beim Wirtschaftswachstum. Dann haben wir eine Entfesselungspolitik gemacht, eine neue Gründerkultur auf den Weg gebracht, und so möglich gemacht, dass mutige Unternehmerinnen und Unternehmer und fleißige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 400.000 Arbeitsplätze geschaffen haben. Und das sind 400.000 neue Arbeitsplätze nicht nur als eine Zahl, sondern 400.000 neue Lebenschancen für die Familien in NRW. Da wollen wir weitermachen – von hier aus weiter!

Wir wollen mit einer Wachstumspolitik nicht im Mittelfeld bleiben, sondern jetzt wollen wir an die Spitze. Dafür haben bitte auch die anderen Delegierten aus den anderen Bundesländern Verständnis, dass das in NRW unser Anspruch sein muss.

Und das gilt natürlich auch für die Bildungspolitik. Es ist das zweite entscheidende Thema, wo es am 15. Mai um eine Richtungsentscheidung geht. Die erste ist: Wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik mit uns, oder de-growth, was Linke und Grüne für NRW vorsehen. Und der zweite Punkt: Wollen wir jedes Kind individuell fördern, individuell besser machen oder wollen wir sie im Sinne einer Einheitsschule alle gleich schlecht machen? Ich bin der Meinung, wir müssen jedes Talent fördern und zwar unabhängig von der Herkunft. Deswegen haben wir die Talentschulen entwickelt, werden das erfolgreiche Konzept der Talentscouts auf das ganze Land ausrollen, deswegen fördern wir die Fächer Informatik und Wirtschaft – dass man lernt, wie man gründet, dass man lernt, wie man eine App programmiert, dass man ganz anders aus der Schule mit einer Leidenschaft für Selbständigkeit herauskommt.

Und ein Punkt in der Bildungspolitik ist uns dabei ganz besonders wichtig: Es kann nicht das Ziel sein, wie es Rot-Grün will: Abi für alle. Wir müssen aufhören mit einer Über-Akademisierung. Es muss endlich wieder möglich sein, dass man in diesem Land auch mit einem mittleren Bildungsabschluss einen verantwortungsvollen Beruf ausüben kann.

Liebe Freunde, alle Talente wollen wir fördern, wir wollen sie individuell fördern. Der Hauptschüler muss die Chance haben zu promovieren, wie wir einen Kandidaten haben, der das toll für sich entwickelt hat mit seiner Lebensgeschichte. Und genauso müsste es für meine Töchter nicht als Bildungsabstieg gewertet werden, wenn sie sich entscheiden, eine Handwerksausbildung zu machen und später mal Schreinermeisterin zu werden.

Wirtschaftswachstum, nach vorne Arbeitsplätze sichern, individuelle Bildung und natürlich Bürgerrechte und Freiheit. Unsere Werte in der Corona-Politik sind ähnlich gut wie in Schleswig-Holstein: Es scheint wohl auch einfach so gewesen zu sein, dass man mit einer verhältnismäßigen Pandemiepolitik die besseren Erfahrungen gemacht hat. Wir waren diejenigen, die wie andere aus Bayern Patienten aufgenommen haben und wir würden das jederzeit wieder tun, weil wir wissen, die Bayern würden das für uns auch tun. Aber was wir in dieser Situation nicht brauchen, ist dass wir uns von einem Freiheitsbeschneider wie Markus Söder Vorhaltungen machen lassen, wie wir unserer Coronapolitik zu gestalten haben. Wirtschaft, Bildung, Freiheit und Bürgerrechte. Auf geht’s mit einem zweitstelligen Ergebnis: Bringen wir NRW weiter voran. Von hier aus weiter, liebe Freundinnen und Freunde."

Video der gesamten Rede: https://youtu.be/sG1P5Glwoig