Wir wollen ein NRW, in dem die Politik rechnen kann

Solide Finanzen

Die Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie und ihre Auswirkungen haben zusammen mit Steuermindereinnahmen die Verschuldung auf allen staatlichen Ebenen sprunghaft ansteigen lassen. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung sind inzwischen mit über 2,2 Billionen Euro verschuldet – fast 300 Milliarden Euro mehr als noch im Jahr 2019. Durch weitsichtige Politik und die richtigen Schwerpunktsetzungen bei eigenen Corona-Hilfsmaßnamen und flankierenden Konjunkturimpulsen ist Nordrhein-Westfalen im direkten Vergleich mit der großen Koalition im Bund mit deutlich weniger neuen Schulden durch die Krise gekommen. Dennoch hat die Bewältigung der direkten und indirekten Folgen der Pandemie auch in Nordrhein-Westfalen kreditfinanzierte Mittel in erheblichem Umfang erfordert.

Solide Finanzen in einem Staat, der rechnen kann, waren, sind und bleiben unser Ziel. Sie sind Voraussetzung für Hilfen im Krisenfall. Nach der Krise dürfen die zusätzlichen Schulden aus der Krise junge Generationen nicht länger als notwendig belasten. Einem Aufweichen der Schuldenbremse treten wir deswegen entschieden entgegen.

Die Mittelverwendung aus dem Sondervermögen „Corona Rettungsschirm“ – auf Basis der bereits gemachten ersten Schritte – soll transparenter nachvollziehbar werden. Im Sinne der Generationengerechtigkeit wollen wir auch zukünftige Ausgaben im Landeshaushalt, zum Beispiel für die Versorgungsansprüche der Beamtinnen und Beamten, besser abbilden.

 

Corona-Schulden schnellstmöglich abbauen

Unser Anspruch an generationengerechte Politik ist es, den rechtlich möglichen Tilgungszeitraum von 50 Jahren für die aufgenommenen Corona-Schulden nach Möglichkeit nicht auszureizen. Angesichts des prognostizierten Anstiegs der Steuereinnahmen soll die Schuldenlast schneller abgebaut werden. Wir wollen so auch auf mögliche weitere Ereignisse, die die volle finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes erforderlich machen, vorbereitet sein. Wie schnell weitere finanzielle Herausforderungen auf den Landeshaushalt zukommen können, zeigen die Rettungspakete zu den Flutfolgeschäden.

Soweit im Interesse der Wirtschaftsbelebung und der Beschäftigungssicherung Investitionen, die bereits für die folgenden Jahre geplant waren, vorgezogen und mit Mitteln des Sondervermögens finanziert sind, sollen die entsprechenden Ausgaben für das empfangende Ressort mit einer Sparverpflichtung verbunden werden.

 

Schuldenabbau und Investitionen ermöglichen durch wirtschaftliche Belebung

Durch eine weitsichtige Wirtschaftspolitik wollen wir die Rahmenbedingungen für eine schnelle wirtschaftliche Belebung nach der Pandemie schaffen, damit das Land zeitnah wieder auf eine breite Steuerbasis zurückgreifen kann. Wir lehnen Steuererhöhungen entschieden ab, weil sie diese dringend erforderliche Erholung gefährden und daher der falsche Ansatz sind, um Wachstum und Staatseinnahmen zu generieren und damit schnellstmöglich wieder Spielraum für Investitionen in die Zukunft und Abbau der Schuldenquote zu ermöglichen. Für Subventionen wollen wir zudem eine Befristung (Sunset-Klausel) einführen. Dadurch laufen Subventionen zu festen Zeitpunkten automatisch aus. Bevor sie weiterlaufen, muss die Landesregierung sie dann regelmäßig kritisch überprüfen.

 

Ausgabenkritik und Abkehr von Kleinstprogrammen

Zur Bewältigung der aktuellen finanziellen Sondersituation in Bund, Länder und Kommunen sind in den nächsten Jahren erhebliche Konsolidierungsbeiträge im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten zu leisten. Wir werden die kommenden Landeshaushalte daher einer konsequenten Ausgabenkritik hinsichtlich zwingender und nicht zwingend notwendiger Ausgaben unterziehen.

Bei jedem Förderprogramm soll verbindlicher geregelt werden, welches Ziel warum mit welchem Instrument verfolgt wird – und anhand welcher Kriterien die Zielerreichung während und nach dem Programm gemessen werden soll. Insbesondere bei der regelmäßigen Bewertung der Programme braucht es eine noch bessere Fehlerkultur, um aus rückblickend wenig treffsicher verausgabten öffentlichen Mitteln die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.

Um eine Übersicht über die Förderprogramme des Landes zu schaffen, wollen wir diese auf einer digitalen Plattform nach gesellschaftlichen Bereichen und mit Hinweis auf die jeweiligen Förderkriterien und das Beantragungsverfahren aufführen. Dies soll den Zugang zu Fördermöglichkeiten durch Information verbessern, zugleich aber auch für mehr Transparenz über die Verwendung von Landesmitteln sorgen. -Gleichzeitig ermöglicht dies eine weiterhin fortlaufende kritische Überprüfung der vielen Förderprogramme des Landes. Daneben sprechen wir uns für die Erstellung eines Begleitberichts „Generationengerechte Finanzen” in einem einjährigen Rhythmus aus. Einer strukturellen Überschuldung zulasten der jungen Generation wollen wir so vorbeugen und Fehlentscheidungen transparent sichtbar machen.

 

Staatliche Beteiligungen weiter reduzieren

Mit der Veräußerung der seit Jahren defizitären staatlichen Spielbanken ist in Nordrhein-Westfalen der Anfang zur Privatisierung von Landesbeteiligungen gelungen. Wir wollen alle Landesbetriebe und Landesbeteiligungen auf den Prüfstand stellen:

Beteiligungen des Landes an privaten Unternehmen wollen wir von der Erfüllung verbindlicher Kriterien abhängig machen.

Eine Unternehmensbeteiligung kann zum Beispiel gerechtfertigt sein, wenn das Landesinteresse in einem klar definierten landespolitischen Ziel zum Ausdruck kommt, von überragender öffentlicher Bedeutung ist und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Landesbeteiligung und der Zielerreichung zu erwarten ist. Unternehmensbeteiligungen dürfen dabei den Wettbewerb zwischen konkurrierenden Unternehmen nicht verfälschen, sollen grundsätzlich als zeitlich befristete Engagements verstanden und so ausgestaltet werden, dass das Land im Sinne der landespolitischen Ziele auf die Unternehmensentwicklung Einfluss nehmen kann.

Überall dort, wo die Beteiligungen und Betriebe nicht von überragender öffentlicher Bedeutung sind, wollen wir den eingeschlagenen Weg der Veräußerung nicht zwingend erforderlicher Beteiligungen und Unternehmungen konsequent weitergehen.

Wir wollen die Landesbeteiligungen an den Messen Düsseldorf und Köln nach wirtschaftlicher Überwindung der Pandemie im Einvernehmen mit den beiden Messestädten veräußern.

Beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB NRW) zeigen die strukturellen Verbesserungen der letzten Jahre noch zu wenig Wirkung. Wir sind überzeugt, dass bei Projektentwicklung und Betrieb von Immobilien grundsätzlich mehr private Beteiligung anzustreben ist. Daher wollen wir im BLB Privatisierungspotenziale heben und das Büroflächenmanagement und die Gebäudebeschaffung des Landes neu aufstellen.

 

Gezielte öffentliche Investitionen

Das Land hat zur Bewältigung der Folgen der Pandemie ein eigenes Konjunkturpaket im Umfang von mehreren Milliarden Euro aufgelegt. Um im Interesse der Wirtschaftsbelebung mit der gebotenen Geschwindigkeit nachhaltig sinnvolle Maßnahmen auf den Weg zu bringen, wurden viele Investitionen vorgezogen, die ursprünglich verteilt über die kommenden Jahre ohnehin eingeplant waren, zum Beispiel Investitionen in die Krankenhaus- und Gesundheitsinfrastrukturen. Im Aufschwung nach der Pandemie wollen wir die allerorts wieder anziehenden privaten Investitionen mit gezielten ergänzenden öffentlichen Investitionen und geeigneten Rahmenbedingungen flankieren. Wir setzen hierbei weiterhin auf Zukunftsinvestitionen.

Die öffentliche Hand soll dabei in den Aufschwung hinein nicht massiv und pauschal als zusätzlicher Auftraggeber auftreten. Denn durch unüberlegte öffentliche Investitionen nach dem Gießkannenprinzip könnten sonst bestehende Herausforderungen wie die angespannte Situation im Bausektor aufgrund von Materialknappheit zusätzlich verschärft, die Preise in die Höhe getrieben und private Investitionen beispielsweise in die energetische Modernisierung von Gebäuden und Produktionsstätten ausgebremst werden. Das würde im Ergebnis kaum zu positiven Effekten führen.

 

Faire Steuern

Die Grundsteuer darf nicht als Vermögensteuer missverstanden werden. Mit ihr werden diejenigen, die Grund und Boden nutzen, angemessenen an der Finanzierung von kommunalen Leistungen beteiligt, die nicht durch besondere Entgelte finanziert werden.

Faire, verlässliche und transparente Steuern kommen ohne automatische Erhöhungen durch die Hintertür aus. Sowohl bei der Grundsteuer als auch bei der Grunderwerbsteuer führen die Preissprünge bei Immobilien durch immer höhere Bemessungsgrundlagen zu einer fortlaufend steigenden Steuerlast für die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen. Durch die richtigen Weichenstellungen werden wir diese Steuerspirale durchbrechen. Anstelle immer neuer Belastungen setzen wir uns weiterhin für zielgerichtete Entlastungen ein.

 

Grundsteuerbremse umsetzen

Wir wollen unverändert ein faires, transparentes und bürokratiearmes Grundsteuermodell für Nordrhein-Westfalen. Diese Ziele sehen wir am besten in einem flächenbasierten Grundsteuermodell Lagefaktoren verwirklicht, wie es viele andere Bundesländer unter Nutzung der Länderöffnungsklausel bereits eingeführt haben. Für uns ist klar, dass die Grundsteuer nicht als Vermögenssteuer wirken darf.

Bisher gibt es in Nordrhein-Westfalen keine politische Mehrheit für die Nutzung der Länderöffnungsklausel. Ohne einen aktiven Beschluss für ein eigenes Modell wird die Grundsteuer ab dem Jahr 2025 automatisch nach dem Bundesmodell erhoben. Dieses Modell sehen wir insbesondere wegen der großen Bürokratie äußerst kritisch: Alle sieben Jahre sollen die Verkehrswerte von Grundstücken und Gebäuden als zentrale Bemessungsgrundlage in einer aufwändigen Hauptfeststellung neu bewertet werden. Ohne aktive Hebesatzsenkungen durch die Kommunen wird das Bundesmodell aufgrund dieser inneren Wertdynamik in vielen Gegenden zu fortlaufenden, automatischen Steuererhöhungen im Zuge der turnusmäßigen Neubewertungen führen. Das wollen wir verhindern.

Mieterinnen und Mieter ebenso wie Eigentümerinnen und Eigentümer haben auf die lokale Wertentwicklung kaum Einfluss und profitieren – abgesehen vom Verkaufsfall – kaum von immer höheren Immobilienbewertungen. Die absehbar immer weiter steigende Grundsteuer müssen sie aber trotzdem zahlen. Einen dauerhaften Ausweg aus dieser Steuerspirale bietet nur ein eigenes flächenbasiertes Grundsteuermodell, bei dem sich der Grundsteuerwert hauptsächlich über konstante Grund- und Gebäudeflächen und nicht über fortlaufend steigende lokale Bodenwerte und Mietpreisniveaus bestimmt.

Das Bundesrecht erlaubt den Kommunen aktuell, vor Ort einen eigenen Hebesatz für unbebaute Grundstücke, für die aber Baurecht besteht, festzulegen (sogenannte Grundsteuer C). Diejenigen, die ein Baugrundstück unbebaut lassen, werden dann mit einem besonderen Hebesatz an der Grundsteuerzahlung beteiligt.

Im Rahmen kommunaler Autonomie wollen wir den Gemeinden überlassen, ob sie zum Flächenmanagement vor Ort auf das Instrument der Grundsteuer C zurückgreifen, sofern sie im Umfang der dadurch erzielten Einnahmen die Belastung bei der Grundsteuer B reduzieren. Durch die zusätzlichen Einnahmen durch die Grundsteuer C sollen so alle Bewohner und Betriebe bei der Grundsteuer B entlastet werden.

 

Steuergerechtigkeit ist unabhängig von der Unternehmensgröße

In Nordrhein-Westfalen leisten hunderttausende Unternehmen unterschiedlichster Größe einen zentralen Beitrag für unseren Wohlstand und sorgen für viele gute Arbeitsplätze im ganzen Land. Darüber hinaus tragen unsere Unternehmen mit den von ihnen gezahlten Steuern zu einer gelingenden Gemeinschaft sowohl in den Kommunen vor Ort als auch im ganzen Land bei. Wer einerseits vor Ort Infrastrukturen nutzt, auf unseren funktionierenden Rechtsstaat und gut ausgebildete Fachkräfte zurückgreift, der darf sich anderseits nicht durch aggressive Steuervermeidungstricks der gemeinsamen Finanzierung entziehen. Wir wollen uns deswegen weiterhin auf allen Ebenen für eine faire Lastenverteilung zwischen den vielen lokalen kleinen und mittleren Unternehmen und großen multinationalen Konzernen einsetzen.

 

Steuerfahndung stärken

Zu einer fairen Lastenverteilung gehört auch, dass sich alle Mitglieder unserer Gemeinschaft an geltendes Recht halten. Wir haben den Kampf gegen Steuerhinterziehung deutlich intensiviert und personell verstärkt. Durch die Bündelung von IT-Spezialisten, Polizei, Staatsanwaltschaften und Steuerfahndung in einer neu geschaffenen, ressortübergreifenden Task Force haben wir ein bundesweit einmaliges, schlagkräftiges Instrument zur Aufklärung von internationaler Finanzkriminalität geschaffen. Zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität setzen wir uns für den Vermögensentzug von offensichtlich nicht nachvollziehbarer Vermögensbildung ein. Im Zusammenhang mit dem Betrug bei Cum-Ex-Geschäften sorgen wir mit deutlich erhöhtem Personalaufwand dafür, dass möglichst keines dieser Vergehen straffrei bleibt. Diesen Kampf gegen Steuerbetrug werden wir fortsetzen. Denn eine möglichst geringe Steuerlast für alle ist nur dann erreichbar, wenn sich eine Minderheit nicht durch strafbewährtes Verhalten der Besteuerung entzieht.